Künstlerisches Gestalten als Methode im Coaching
- atelier26caspar

- 29. Juli
- 3 Min. Lesezeit
Künstlerisches Gestalten kann im Coaching als wirkungsvolle Methode genutzt werden, um innere Prozesse sichtbar und reflektierbar zu machen. Ohne den Anspruch an künstlerische Leistung schafft der gestalterische Prozess einen Zugang zu persönlichen Themen, der sprachliche Ausdrucksformen sinnvoll ergänzt. Dieser Artikel gibt einen Einblick in die Wirkprinzipien dieser Herangehensweise und zeigt anhand zweier Fallbeispiele, wie kreative Mittel zu Erkenntnis und Entwicklung beitragen können.
When you draw, you see things differently. (Marion Milner, On Not Being Able to Paint)
Gestalten als Zugangsform zu inneren Prozessen
Künstlerische Ausdrucksformen wie Zeichnung, Malerei, Tonarbeit oder Collage bieten die Möglichkeit, innere Bilder, Empfindungen und Beziehungserfahrungen nicht nur zu benennen, sondern konkret zu gestalten. Dabei steht nicht das Ergebnis im Vordergrund, sondern der Weg dorthin. Im Tun entstehen symbolische Darstellungen, die neue Sichtweisen eröffnen oder nicht-sprachlich Zugängliches sichtbar machen.
Der Einsatz künstlerischer Mittel im Coaching ist besonders hilfreich bei Anliegen, bei denen Menschen sich in Umbruchphasen befinden, innere Widersprüche klären möchten oder emotionale Themen nicht direkt sprachlich fassbar sind. Die Arbeit erfolgt dabei ressourcenorientiert, systemisch und auf das Hier und Jetzt bezogen.
Anwendungsfelder im Coachingkontext
Gestalterische Methoden können eingesetzt werden zur:
Rollen- und Beziehungsklärung
Bearbeitung von Entscheidungssituationen
Förderung von Selbstwahrnehmung und -regulation
Arbeit mit inneren Bildern, Werten oder Visionen
Reflexion von biografisch bedeutsamen Erfahrungen

Wichtig ist eine klare methodische Rahmung, ein freiwilliger Zugang und die respektvolle Begleitung des Prozesses. Die anschließende Reflexion des Gestalteten ermöglicht eine bewusste Integration ins Alltags- und Berufsleben.
Wie wir konkret zusammenarbeiten können, wird aus den Fallbeispielen aus meiner Praxis deutlich:
Fallbeispiel – Arbeit mit Ölkreide:
Familiendynamik sichtbar machen
Ein Klient, Anfang 30, beschreibt im Coaching wiederkehrende Konflikte in beruflichen Teams. Er erlebt sich oft als Vermittler, kann sich aber schwer abgrenzen. In einer gestalterischen Einheit arbeitet er mit Ölkreiden auf großem Papier. Ohne konkrete Zielsetzung entstehen sechs abstrahierte Figuren. Eine davon, deutlich kleiner und in Grautönen gehalten, wird zwischen zwei großflächigen Farbformen gedrängt. Im Gespräch erkennt der Klient darin sein Erleben innerhalb der Herkunftsfamilie: „Ich stehe immer dazwischen.“
Durch die bildhafte Darstellung wird ein unbewusster innerer Zustand greifbar. Das Bild dient als Ausgangspunkt für weitere Klärungsprozesse rund um Rollenmuster, persönliche Grenzen und das eigene Selbstbild im beruflichen Kontext.
Fallbeispiel – Arbeiten mit Ton:
Emotionen gestalten und regulieren
Eine Frau, Mitte 50, berichtet von emotionaler Überlastung, kann ihre Gefühle aber schwer differenzieren. In einer Einheit mit Ton beginnt sie mit geschlossenen Augen zu drücken, reißen, schlagen. Erst nach einer Weile formt sie eine runde, asymmetrische Form mit vielen Brüchen. „So fühlt sich das an: stabil und doch immer kurz vorm Auseinanderfallen“, beschreibt sie das entstandene Objekt.
Durch die intensive körperliche Auseinandersetzung mit dem Material wird eine emotionale Entladung möglich. Die Tonarbeit dient hier nicht nur dem Ausdruck, sondern auch der Regulation und der Versprachlichung eines inneren Zustands, der vorher nur diffus erlebbar war.
Fazit und Ausblick
Künstlerisches Gestalten bietet im Coaching eine wirksame Möglichkeit, das Unsagbare sichtbar zu machen. Der kreative Prozess ermöglicht Klient*innen, neue Perspektiven auf sich selbst und ihre Lebenssituation zu entwickeln – jenseits von rein kognitiven Lösungsstrategien.
In diesem Blog erscheinen künftig regelmäßig Einblicke in Methoden, Themen und Praxisbeispiele rund um das gestalterische Arbeiten im Coaching. Ziel ist es, Transparenz zu schaffen, Vertrauen aufzubauen und die Vielfalt dieser Arbeit zugänglich zu machen – für Interessierte, Fachpersonen und alle, die sich mit kreativen Zugängen zur persönlichen Entwicklung beschäftigen.





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